Erwerber von Betrieben oder Betriebsteilen sind daran interessiert, im Vorfeld feststellen zu können, welche Arbeitnehmer des bisherigen Inhabers auf sie übergehen. Anlass für derartige Überlegungen gibt § 613a Abs. 1 S. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift tritt der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein.
Bisher war höchstrichterlich nicht geklärt, ob auch der Geschäftsführer einer GmbH infolge eines solchen Betriebsübergangs übergehen kann. Zu dieser für die Praxis äußerst wichtigen Frage nimmt nun das BAG in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 20.7.2023 – 6 AZR 228/22 – Stellung.
Das Gericht unterscheidet zwischen der Organstellung als Geschäftsführer und einem möglicherweise weiterbestehenden Anstellungsvertrag. Liegt der rechtlichen Beziehung mit der Organgesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde, geht bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB zwar das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über.
Das BAG ist der Ansicht, dass § 613a BGB keine planwidrige Lücke aufweist. Der Schutzbereich dieser Vorschrift erstrecke sich auf alle Arbeitsverhältnisse und damit auch auf alle Arbeitnehmer. Dies gelte dann für den gesamten § 613a BGB und damit insbesondere auch für § 613a Abs. 4 BGB.
Allerdings ergibt sich aus § 613a BGB kein Anspruch des bisherigen Geschäftsführers, beim Erwerber zum Organ bestellt zu werden. Hieraus folgt das BAG, dass dem Erwerber kein Arbeitnehmer aufgezwungen wird, der eine mit besonderen Rechten ausgestattete, vom Vertrauen der sie bestellenden Person abhängige Organstellung innehat. Aufgrund des Übergangs des Arbeitsverhältnisses hat der Geschäftsführer beim Erwerber nur einen Anspruch auf eine Beschäftigung mit den Tätigkeiten, die er als Geschäftsführer aufgrund seines Arbeitsvertrags ausgeübt hat.
Für die Praxis bedeutet dies, dass vor möglichen Betriebsübergängen geprüft werden muss, ob der Bestellung eines Geschäftsführers beim bisherigen Inhaber ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt. Nur dann kann es zu einem solchen Betriebsübergang kommen. Bei einem Dienstvertrag scheidet dessen Übergang aus, da es sich hierbei gerade nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Außerdem geht ein möglicherweise bestehender Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers dann nicht auf den Erwerber über, wenn es sich lediglich um einen Betriebsteilübergang handelt. In der Rechtsprechung des BAG ist anerkannt, dass lediglich die Arbeitsverhältnisse solcher Arbeitnehmer übergehen, die in dem betreffenden Betriebsteil und nicht nur für ihn tätig sind (BAG v. 17.10.2013 – 8 AZR 763/12). Organstellung und Anstellungsverhältnis bleiben dann beim bisherigen Inhaber.
Die Entscheidung des BAG wird erhebliche Auswirkungen auf Betriebsveräußerungen haben. Ein Erwerber muss nämlich im Vorfeld nun überlegen, ob er tatsächlich bei einem zugrunde liegenden Anstellungsvertrag den bisherigen Geschäftsführer in seinem Unternehmen haben möchte. Hieran können Betriebsveräußerungen scheitern. Zwar kann der bisherige Geschäftsführer dem Übergang seines Anstellungsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB widersprechen. Dies ist aber dessen freiwillige Entscheidung. Vor Kündigungen wegen des Betriebsübergangs ist er beim Erwerber nach § 613a Abs. 4 BGB geschützt.