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ArbRB-Blog

Stolperfalle: Widerrufsvorbehalte für Dienstwagen – ArbG Duisburg mit strenger AGB-Kontrolle

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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Stellen Arbeitgebende einen Dienstwagen zur Verfügung, ist es möglich, Regelungen zu vereinbaren, um die Nutzung einseitig zu widerrufen. Solche Widerrufsvorbehalte sind nur in engen Grenzen wirksam. Sie müssen für die andere Vertragspartei unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zumutbar und durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Bei dieser Prüfung legte das ArbG Duisburg einen strengen Maßstab an.

– ArbG Duisburg Urt. v. 16.11.2023 – 1 Ca 1190/23 – (ArbRB 2024, 9 [Windeln])

Was genau ist passiert?

Die Arbeitgeberin verlangte von ihrem Gebietsverkaufsleiter den Dienstwagen zurück. Sie begründete dies mit folgender Regelung im Dienstwagenüberlassungsvertrag:

„Die unter Ziffer 1. genannten Leistungen können bei Vorliegen eines sachlichen Grundes vom Unternehmen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen werden.

Sachliche Gründe können insbesondere sein:

– Gründe in der Person (z.B. Verlust der Fahrerlaubnis)

– wirtschaftliche Gründe (z.B. Kostensenkungsmaßnahmen, Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der L. AG)

– organisatorische Gründe (z.B. die Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben)

– verhaltensbedingte Gründe (z.B. vertragswidrige Nutzung des funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeugs)

Bei der Ausübung des Widerrufsrechts werden Ihre berechtigten Interessen angemessen berücksichtigt. Insbesondere muss ein Widerruf zumutbar sein.“

Dieser Vorbehalt wirkt auf den ersten Blick wirksam, sollte man meinen. Er ist ausführlich formuliert und nennt sachliche Gründe für einen Widerruf. Das ArbG Duisburg sah dies jedoch kritischer.

Die Entscheidung des Gerichts

Das ArbG Duisburg entschied, dass der Widerrufsvorbehalt gegen § 308 Nr. 4 BGB verstößt und deshalb unwirksam ist. Es führte wörtlich aus:

  • „Der in Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung […] mit dem Verweis auf organisatorische Gründe wie „z.B. (der) Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben“ vorgesehene Widerrufsvorbehalt geht inhaltlich zu weit. Er ist unwirksam.

  • Nach dem Klauselinhalt ist die Beklagte auch dann berechtigt, die Ãœberlassung des Dienstfahrzeugs und der privaten Nutzung zu widerrufen, wenn hierfür kein sachlicher Grund besteht und der Widerruf damit unzumutbar ist.

  • Denn die Klausel berechtigt die Beklagte schon dann zu einem Widerruf der Dienstwagennutzung, wenn sie die Aufgaben des Klägers ändert.

  • Das Widerrufsrecht ist nicht an die fehlende Erforderlichkeit des Dienstwagens für die Ausübung der vertraglich übernommenen Arbeitsaufgabe oder seine Wirtschaftlichkeit gebunden

(so etwa die Formulierungsvorschläge bei Kunz/Henssler/Nebeling/Beck, Praxis des Arbeitsrechts, § 17 Inhalt des Arbeits-/Dienstvertrags, Rn. 540:„Änderung der Arbeitsaufgabe, sofern der Umfang der dienstlichen Nutzung, insbesondere nach einer Änderung des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers, eine Bereitstellung eines Dienstwagens nicht mehr erforderlich oder unwirtschaftlich macht“;Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, II. Muster Dienstwagenüberlassungsvertrag, 7. Aufl. 2021:„wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht benötigt wird“; Preis in: Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Vorschlag eines Vertragsmusters für Führungsmitarbeiter, Seite 1710: „ein Dienstwagen aufgrund von geänderten arbeitsvertraglichen Aufgaben des/der Mitarbeiters/in nicht mehr erforderlich ist“).

  • Für den Kläger ist es typisierend betrachtet unzumutbar, die Entziehung des Dienstwagens etwa auch dann hinzunehmen, wenn trotz Änderung seiner arbeitsvertraglichen Aufgabe weiterhin Dienstreisen jedenfalls im bisherigen Umfang erforderlich sind, etwa bei einem Wechsel des Außendienstgebietes, bei einer Beförderung oder auch bei nur teilweiser, nicht umfassender Änderung der Arbeitsaufgaben.“

Die Bedeutung für die Praxis

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Arbeitgebende Klauseln zum Widerruf von Dienstwagen sorgfältig formulieren müssen. Ein Widerrufsvorbehalt, der keine sachlichen Gründe nennt, ist grundsätzlich unwirksam. Aber: Auch wenn sachliche Gründe angegeben sind, müssen diese interessengerecht sein, wie der vorliegende Fall zeigt. Positiv hervorzuheben und sehr instruktiv sind die Hinweise des Gerichts auf alternative, besser geeignete Formulierungen.

Arbeitgebende sollten daher ihre Verträge kritisch prüfen und gegebenenfalls anpassen, um rechtlichen Stolperfallen zu entgehen.

Wird der Dienstwagenüberlassung widerrufen, macht es aus Sicht von Arbeitsnehmenden Sinn, den vereinbarten Widerrufsvorbehalt genau zu prüfen; nicht selten wird der Widerruf unwirksam sein.

RA FAArbR Daniel Mantel

RPO Rechtsanwälte, Köln

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