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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für GmbH Geschäftsführer ohne Karenzentschädigung

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Die Geltung der Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit vertretungsberechtigten Organmitgliedern (GmbH-Geschäftsführer, AG-Vorstände) ist seit langem umstritten. Der BGH wendet die §§ 74 ff. auf sie nicht unmittelbar an, sondern misst die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote an § 138 BGB und lässt in die Prüfung der Sittenwidrigkeit die Wertungen der §§ 74 ff. in gewissem Umfang einfließen (BGH vom 26.3.1984 – II ZR 229/83, BGHZ 91, 1; Diller in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 11. Aufl. 2024, § 74 HGB Rn. 9; Hürten in: Römermann, in: MAH GmbHR, 5. Aufl. 2023, § 9 Rn. 47).

Ohne auf den Meinungsstreit einzugehen, hat der BGH seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1984, die er zuletzt 2008 bestätigt hat, nunmehr bekräftigt. Dementsprechend muss dem Geschäftsführer einer GmbH, mit dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden. Wird dennoch eine Entschädigung versprochen, kann ihre Höhe frei vereinbart werden. Der BGH hält sogar eine Vereinbarung, die einen rückwirkenden Wegfall einer versprochenen Karenzentschädigung vorsieht, sofern der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, für wirksam. Der rückwirkende Entfall des Anspruchs auch für Zeiten, in denen er sich an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gehalten habe, belaste den Geschäftsführer nicht unbillig (BGH vom 23.4.2024 – II ZR 99/22). Im entschiedenen Fall hatte sich der Geschäftsführer gut ein Jahr lang gehalten und hat im Prozess eingewandt, dass die GmbH ihn durch die Nichtzahlung der Karenzentschädigung zur Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit „herausgefordert“ habe und es ihr daher nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt sei, sich auf die Wirksamkeit der Klausel zu berufen, wonach der Anspruch auf die Karenzentschädigung auch rückwirkend entfallen soll. Dem ist der BGH nicht gefolgt. Allenfalls bei einer ernsthaften und endgültigen Zahlungsverweigerung könnte davon gesprochen werden, dass die GmbH den Geschäftsführer zur Aufnahme der Konkurrenztätigkeit „herausgefordert“ habe. Im Streitfall war indes schon nicht festgestellt worden, dass Geschäftsführer die Entschädigung eingefordert hatte.

Dem obiter dictum des BGH kann meines Erachtens nicht gefolgt werden. Bereits zur Rechtslage vor der Schuldrechtsreform ist die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen zurücktreten konnte, wenn der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung verletzt hatte. Dieses Rücktrittsrecht hat das BAG auch für die Rechtslage nach der Schuldrechtsreform bejaht (BAG vom 31.1.2018 – 10 AZR 392/17, ArbRB 2018, 133 [Marquardt]).

Ein Zurückbehaltungsrecht in der Weise, dass sich der Arbeitnehmer wegen des Verzugs des Arbeitgebers mit der Zahlung der Karenzentschädigung vorübergehend nicht an das Wettbewerbsverbot hält, wird hingegen abgelehnt. § 320 BGB gewährt ein Zurückbehaltungsrecht, erlaubt es aber nicht, einen Anspruch unmöglich zu machen. Dies wäre aber bei der umfassenden Unterlassungspflicht eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots der Fall. Die Leistung, d.h. die Unterlassung, wäre nicht nur einbehalten oder zurückbehalten, sondern zumindest zeitweilig und punktuell unmöglich (BAG vom 5.10.1982 – 3 AZR 451/80, NJW 1983, 2896).

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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