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Die Folgen der Monokausalität der Arbeitsunfähigkeit für die Entgeltfortzahlung und Nachgewährung von freien Tagen

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In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob ein Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet ist, wenn die Arbeitsunfähigkeit mit einem anderen Ereignis zusammenfällt.

1. Fall: Für das andere Ereignis erhält der Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt

In einer neueren Entscheidung betont das BAG zu Recht, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG grundsätzlich nur dann besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Es muss eine Monokausalität vorliegen. Der Entgeltanspruch darf nicht bereits aus anderen Gründen entfallen sein. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt also voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt hätte. Wegen dieses Kausalitätserfordernisses besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch grundsätzlich nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne die Erkrankung aus anderen Gründen nicht gearbeitet und kein Arbeitsentgelt erhalten hätte (BAG, Urt. v. 19.6.2024 – 5 AZR 241/23).

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht deshalb nach einer neuen Entscheidung des BAG nicht, wenn durch das Gesundheitsamt nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG a.F. ein Verbot erlassen wird, wonach dem Arbeitnehmer untersagt wird, seine Tätigkeit in der Einrichtung/dem Unternehmen des Arbeitgebers auszuüben sowie die Einrichtung/das Unternehmen zu betreten, und der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt. Das behördliche Verbot nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG a.F. ist seinerseits nicht unmittelbare Folge der Erkrankung, sondern beruht auf der fehlenden Vorlage eines Nachweises nach § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG a.F. Es ist ein weiterer, paralleler Umstand, der für sich allein gesehen Grund der Arbeitsverhinderung war.

Diese Rechtsfolge kann auch in anderen Fällen eintreten. Setzt z.B. ein Arbeitnehmer seine Arbeit aus familiären Gründen nach dem BEEG, dem FPfZG oder dem PflegeZG aus, so hat er, wenn er während dieser Zeit arbeitsunfähig erkrankt, ebenfalls keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber. Die Arbeitsunfähigkeit ist auch in diesem Fall nicht monokausal, da die beiderseitigen Hauptpflichten bereits vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit geruht haben.

2. Fall: Für das andere Ereignis erhält der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt

Der Grundsatz der Monokausalität ist auch dann zu beachten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines anderen Ereignisses Arbeitsentgelt erhält.

Wird ein Arbeitnehmer z.B. einvernehmlich vertraglich unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt, so erhält er bei einer dann eintretenden Arbeitsunfähigkeit auch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EFZG. Der Arbeitsausfall beruht nicht auf krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, sondern auf der vertraglichen Vereinbarung.

3. Fall: Anspruch auf Nachgewährung eines bezahlten freien Tages?

Arbeitnehmer, die bezahlt von der Arbeit freigestellt sind, vertreten gelegentlich die Auffassung, dass ihnen im Falle einer während dieser Zeit eintretenden Arbeitsunfähigkeit die entsprechenden Tage nach dem Ende der bezahlten Freistellung nachgewährt werden müssen. Auch insoweit ist jedoch der Grundsatz der Monokausalität maßgeblich.

Grundsatz: Kein Anspruch Nachgewährung

Sind zum Beispiel zum Ausgleich von Zeitguthaben aus der Differenz zwischen tariflicher und betrieblicher Arbeitszeit freie Tage vorgesehen, so sind diese nicht zu nachzugewähren, wenn der Arbeitnehmer an diesen Tagen arbeitsunfähig erkrankt ist (BAG, Urt. v. 21.8.1991 – 5 AZR 91/91). Der Arbeitnehmer ist nicht – wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG voraussetzt – infolge der Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert, sondern bereits vorher durch die Gewährung des bezahlten freien Tages.

Ausnahmen: Urlaubsrecht

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht im Urlaubsrecht. Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden nach § 9 BUrlG die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Anders ausgedrückt: Diese Tage werden dem Arbeitnehmer wieder gutgeschrieben und können zu einem späteren Zeitpunkt genommen werden.

Diese gesetzliche Regelung widerspricht aber nicht dem Grundsatz der Monokausalität. Dieser Grundsatz wird lediglich gesetzlich abbedungen.

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